
Ich wäre bei Günther Jauch grandios gescheitert.
Die südenglische Halbinsel Portland hat sich bis jetzt noch nicht in mein geografisches Wissen eingeschlichen. Die EUROPA 2 liegt am Morgen an der Pier. Gewisse Olympioniken wüssten schon mehr mit dem Ort anzufangen. London 2012: Segel-und Surfwettbewebe.

Als Ausflugsprogramme stehen verlockende Varianten wie Jurassic Coast, Steamtrain oder eben……? zur Verfügung. Der Kurs ist nördlich angesagt. Quer feldein und die Landschaft leuchtet im puren Gold.
Ich kann nicht wegsehen. Wie der Wind die Ähren wogt.

Im Städtchen Salisbury ist Herumschlendern und freier Lunch vorgesehen.

Ein herziger Ort zum Lädele. Das sprichwörtliche Highlight ist die spätgothische Kathedrale mit dem höchsten Turm Englands und dem grössten Kreuzgang.

Erstaunich, was alles mit Stein gezaubert werden kann.

In einem Nebenraum wartet noch eine ganz besondere Präziose der Geschichte. In einem dunkeln Kabäuschen, vor Licht geschützt: Ein Exemplar der Magna Carta. (kein Foto erlaubt). Es gibt in England 4 Originale, wovon jenes von Salisbury am besten erhalten ist. Der Text legt erstmals die Freiheit der Kirche und der Adelsmänner gegenüber dem Englischen König fest und gilt in Common Law Staaten nach wie vor als wichtigste Quelle der rechtlichen Ordnung. So auch in den USA. Dort versteigerte Sotheby‘s 2007 eine Abschrift, (also nicht ein Original) aus dem Jahre 1300 für 21 Mio Dollar.

Dermassen rechtlich und kirchlich geläutert, besteige ich den Car. Das Ziel ist nicht mehr fern.
„Ach… dieses Stonehenge, warnte man mich, geh da nicht hin. Totaler Overtourismus. Du siehst nix.!“
Nix… stimmt, zumindest bei der Anfahrt. Das Monument versteckt sich perfekt auf einer Anhöhe hinter einem Wäldchen.

Vom Besucherzentrum aus kann man 50 Minuten hochspazieren oder einen Shuttlebus nehmen, der fleissig fährt.

Ich finde mich auf einer grossen kreisförmigen Hochebene. Rundherum Weite… Weite. Da ruhen sie nun. Seit 5000 Jahren? Wer weiss es so genau?
Natürlich bin ich nicht die Einzige. Aber der Besucherstrom ist sehr moderat. Ich blende die Menschen aus, denn ich bin doch weit mehr beeindruckt, als ich erwartet hätte. Es ist definitiv ein Kraftort.

Ich spüre sehr grosse Ruhe… Gelassenheit… Urvertrauen. Es ist nicht mein Moment, mich mit all den Theorien und Spekulationen auseinanderzusetzen, die sich um diesen Platz ranken. Fakt ist, dass die Erbauer über beachtliches astronomisches Wissen verfügten, da der Strahl der Sommer-Wintersonnenwende (und nur an diesen beiden Tagen) auf exakt bestimmte Steine hinzielt.

Zu diesen Daten ist der Eintritt übrigens frei und es stürmen fast 20‘000 Leute die Monolithen, die dann auch berührt werden dürfen. Da ist natürlich ein Tohuwabohu.

Ich geniesse meine private
STEIN ZEIT
Die Wolken trollen in dunklem Anthrazit

um gleich wieder lichtblaue Fenster aufzureissen.

Der Wind tobt zwischen den stoischen Riesen.

Er wuschelt mein Blond und treibt gleichzeitig weisse Schäfchenwolken über die Steinkreise.

Sie stehen da. Sind ganz sich selbst. Ich, als ihre Betrachterin, bin nur ein Wimpernschlag ihrer Zeitreise. Und vielleicht lächeln die Blöcke ja innerlich ein ganz klein wenig. Wir, die jetzt leben, haben ihr Rätsel nie gelöst.
Gut so denke ich.

Wieder an Bord kommt die Realität zurück.
Käptn van Zwamen hat „no good News“.
„Verehrte Fahrgäste, Ich hoffe sie hatten einen erfreulichen Tag. Leider können wir entgegen dem Programm nicht ablegen und vor allem nicht unseren nächsten Ort besuchen.
Die Scilly Islands (westlichste Inselgruppe Grossbritanniens) benehmen sich very scilly. Wegen eines aufkommenden Sturmes haben die Behörden die Anlandung verweigert. Ein Alternativhafen in Frankreich war auch nicht möglich, da die Beamten wegen des 14. Juillet das Telefon nicht abnehmen oder keine Lust auf Abklärungen haben. Wir bleiben deshalb noch eine Nacht in Portland und geniessen morgen einen Seetag vor der Küste der Grande Nation.

Meine Damen und Herren, bitte gehen sie doch nach Backbord und wohnen sie jetzt trotzdem dem geplanten Abschiedszeremoniell der Portland Bewohner bei. Die Senioren Hippyband spielt für Sie und die Grenadiere haben sich in die Uniformen gestürzt und werden ein dreifaches Salut abfeuern.

So ist das eben mit dem Reisen.
Neben meiner Kajüte wird ein Frachter gelöscht. Der Soja stäubt.

Das definitive Farewell am andern Mittag übernimmt der Leuchtturm, der wie eine Bühnenkulisse am Schiff vorbeirauscht.

Die Fahrt wird pretty shaky sein.
ZEIT um nochmals bei den STEINEN zu sinnieren.
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Georges (Sonntag, 20 Juli 2025 21:29)
Die Steine regen einen schon zum Nachdenken an.