
Es war, als hätte Monet mir schon am Vortag einen Gruss gesendet.

En flamme schmiegt sich die Sonne in den Horizont. Und als sich ihr Temperament endlich legt,

verschmilzt Pastell zu diffusen Streifen. Rosé, Vanille, Lila.

Wie oft hatte ich vor den Seerosenbildern Monets verweilt und gedacht: „Einmal diesen Teich besuchen.“

Heute fahre ich nach Giverny. Hier hatte sich der Impressionist ein grosses, verwunschenes Landhaus gekauft,

liess ein wildes Blumenmeer setzen


und gestaltete schliesslich den berühmten Japanischen Garten mit den so oft gemalten Seerosen (botanischer Name: Nymphamea).

Der Besuch seines Wohnhauses versetzt mich in seine Zeit, sein Leben.

Das fröhlich gelbe Esszimmer, die blaue Mosaikküche.

Farben, Farben als würde der Maestro des Momentes sie täglich aufsaugen und mit seinem Pinsel wieder auf die Leinwand entlassen.

Mit fliegenden Strich. Dem Verschwommenen huldigend, denn der Moment lässt sich nicht fangen.

In meinen Betrachtungen fällt mir eine Fantasie zu.
Monet beschäftigte sechs Gärtner. Einer von ihnen hatte einen Sohn und er erzählte ihm mit geheimisvoller Stimme.

„In diesem Teich wohnen wunderhübsche Nymphen. Niemand hat sie je gesehen. Sie baden im Licht des Vollmondes.“
Als aus dem Sohn ein Jüngling wurde, beschloss dieser, sich heimlich in den Garten zu schleichen und sich einschliessen zu lassen. Jetzt, wo alle Besucher den Park verlassen hatten, kam eine mystische Stimmung auf. Der Jüngling ging auf einem der Holzboote in Deckung.

Der Himmel war in helles Blau getaucht. Der Vollmond würde steigen heute. Die Stunden zogen sich, fast wäre der junge Mann eingenickt. Ein Geräusch. Ein Rascheln. Er schrak auf:

Der Teich: Indigo-Lack. Regungslos.

Pastellfarbene Seerosen in Rosé, Vanille, Lila trieben zwischen tellerartigen Blättern.

Da und dort rollte eine Wasserperle auf dem satten Grün. Da sah er SIE ans Ufer treten.
Der Saum ihres weissen Kleides neckte das Nass. Der Junge war wie geblendet von Ihrer jungfräulichen Erscheinung. Porzellan, die Haut. Anmutig, jede ihrer Bewegungen.
Der Abend breitete immer noch eine süsse Schwüle. Der Teich lockte... lockte. Elegant glitt die Schönheit in das Nass.
Sie liess sich treiben. Auf dieser Oberfläche. Sich vom Aqua Obscura umfangen. Das weisse Chiffonkleid legte sich wie ein Film auf ihre Haut. Ein hauchzarter, halbtransparenter Stoff, der sich benetzen und in jede ihrer corporalen Ritzen legen wollte. Er zeichnete dolci colli und vergrub sich in mosigen Schluchten..... was für eine Nacht.... was für ein coup d‘oeil. Der Jüngling war ergriffen. Sie hatte ihn längst bemerkt und wandte ihm ihr Gesicht zu. Da fasste der Junge all seinen Mut. „Nymphe, du Göttliche, ich möchte, dass Du bei mir bleibst. Ich liebe Dich!“ Die Nixe schwamm ihm entgegen und flötete mit engelsgleicher Stimme: „Ich kann nur in den Tiefen des Etang de l‘âme leben. Meine Seele wohnt da unten.“
Nocheinmal setzte sie sich in ihrer ganzen Pracht auf die Blätter einer rosa Blüte.
„Du wirst weinen, wenn ich endgültig tauche“, aber Deine Welt wird danach eine andere sein. Der Jüngling sah, wie sich Ihr Körper lautlos zwischen ihren Blüten in den Wasserspiegel senkte. Ihre langen, goldenen Haare waren noch lange zu erahnen. Aber en fin: Disparu. Tatsächlich füllten sich die Augen den Mannes mit Tränen. Er schloss die Augen, doch das Wasser schwand nicht. Als er endlich seine Lieder hob, präsentierte sich der Teich verschwommen.

Das Rosé war nicht mehr das Gleiche.

Das Grün war nicht mehr das Gleiche.

Das Lila war nicht mehr das Gleiche.

Die Nacht schob sich in die blaue Stunde. vor blassgrauer Szenerie erhob sich der errötete Vollmond, als wäre er von Monets Hand persönlich losgeschickt. Unscharf, fast gepixelt. Der Schein des Trabanten küsste die Seerose seines Herzens.

Da kullerten seine Tränen auf die Blüten und als er wieder klar sehen konnte, hatten sich die Blüte in das Porzellanweiss ihrer Haut gewandel. Nymphenweiss.
Der Mann wurde wie sein Vater Gärtner und zu jedem Vollmond schlich er sich zu seiner Seerose und wenn der Vollmond sein liquides Kupfer auf den Wasserspiegel fliessen liess, verwandelte sich die Seerose für einige Sekunden in Weiss…

Nymphenweiss!
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Michel P. (Donnerstag, 17 Juli 2025 07:57)
Magnifique Franziska !
✨ Félicitations ! ✨
Ton texte est un véritable enchantement.
Tu as su, avec une belle sensibilité, faire revivre les jardins de Monet, les couleurs qui dansent sur l’eau, et cette lumière presque irréelle qu’il savait si bien capter.
On sent à chaque mot ton admiration, ton regard d’artiste, et une poésie douce qui nous emporte entre les Nymphéas et les reflets d’un temps suspendu.
Werner Weber (Donnerstag, 17 Juli 2025 10:22)
Liebe Franziska
Wahrhaftig, du bist eine Textkuenstlerin. Ich bin begeistert und beeindruckt. Ja, ich konnte diese Monet Stimmung so richtig verinnerlichen.
Albert Müller (Donnerstag, 17 Juli 2025 12:03)
Wunderbar "en flamme" - könnte auch am Zugersee so sein - und wie immer: Herrliche Aufnahmen, kunstvoll, Bravo Francisca!