Ka und Ka

Irgendwo hatte es schon in meinen Ohren geläutet. Österreich = K & K. Aber so richtig wusste ich es nicht. Nur, dass es etwas ist, wofür ich zumindest optisch affin bin.


Jetzt stehe ich da mit Mariken, der Stadtführerin (buchbar über meine lieben Freunde von HL Travel, Wien) vor dem Schloss Belvedere und ich spüre, es wird royal. 

„Weil ich weiss, dass Du das Besondere suchst“, schmunzelt Mariken, „darfst Du mich heute  auf meine exklusive „K&K Tour“ durch Inside-Wien begleiten.“

Der Einstieg beginnt üppig mit dem Schloss von Prinz Eugen. 

Die himmelblau oxidierten Kupferdächer, teils türkischen Zelten nachempfunden, strahlen mit dem Wolkenlos-Himmel um die Wette. Na so ganz K&K ist der von den Franzosen verschmähte, später für die Habsburger höchst erfolgreiche Feldherr, allerdings noch nicht. „Falsches Timing, Eugen!“ Kaiserlich-Königlich entstand erst 1867, als das Königreich Ungarn zum Kaiserreich Österreich-Habsburg stiess und, ich sag es mal salopp - aus diesen beiden „Filialen“ - der K&K-Kult entstand, und doch wird sich später in der Innenstadt der Kreis mit Belvedere im weitesten Sinne noch schliessen. 

Für Kunstfans darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass in den heiligen Hallen des oberen Belvedere (bedeutendstes Kunstmuseum von Wien) der berühmteste Kuss der Malerei hängt.

Aber jetzt in medias res. Fussgängerzone unweit des Stephans-Doms; da fallen auch mir zwischen den Mainstream-Ketten, schmucke, meist historisch aufgemachte Geschäfte auf. „K&K Hoflieferant“ steht da an Fenstern und Tafeln,

oft geschmückt mit dem Doppelwappen. Es sind die altehrwürdigen Geschäfte, die es zum kaiserlich-königlichen Hoflieferanten geschaft hatten. Der Kaiser oder einzelne Familienmitliegder (Augenzwinker Sisi) ernannten die Lieferanten höchstpersönlich und privilegierten sie damit entscheidend, denn der Hof kaufte ja nur höchste Qualität. Diese gewerbliche Quasi-Adelung war allerdings stets an die Geschäftsinhaber persönlich gebunden. Nachfolgegenerationen mussten sich erneut für das Prädikat bewerben. Heute ist das tempi passati. 

Das K&K Siegel wird    

mangels Regent einfach weitergeführt. Ein Vorteil, dafür kämpfen die Gewerbler mit den horrenden Mieten. Nicht wenige, deren Liegenschaft nicht im Eigentum der Familie ist, mussten die Segel streichen oder umziehen. 

Mariken schickt mich deshalb ins Intérieur eines berühmten Billig-Mode Anbieters. Da wo einst edelstes Textil auf Kundschaft wartete, stapelt sich nun „made in China“.

Der geschmiedete Lift, das Treppenhaus, die hölzerne Ausstattung musste erhalten bleiben. Ein kleiner Trost, jedoch die Seele ist disparu. 


Mariken schlägt vor, sich vor dem Eintauchen in die K&K Geschäfte noch zu stärken. Natürlich K&K kompatibel bei SLUKA. Beste Kaffeehaustradition mit Tortenmanufaktur. 

Erst 2017 entdeckte man bei Umbauarbeiten, eine Jugendstildecke und deshalb darf ich ganz exquisit, ja fast bizantinisch angehaucht, in der Spiegeloktagonecke tafeln. Ein Plätzchen so versteckt: Nur für Kenner!

Wienerisch verwöhnt geht es nun auf die Kärntnerstrasse, wo ich bereits bei der zweiten Adresse: LOBMEYER in besorgniserregende Schnappatmung verfalle. Funkeln ad extenso. 

Das Glas-und Leuchter-Nirwana schlechthin. Ich weiss, ich kann jetzt hier nicht bleiben, in diesem Leuchten und Schillern, sonst ist Mariken verloren. „Ich komme morgen wieder“, verspreche ich den Damen, die dieses Reich betreuen. Und so wird es sein. 

Sprichwörtlich bodenständig wird es nun bei RUDOLF SCHEER. Der Schuhmacherbetrieb von Kaisers Gnaden. Er wurde sogar vom Kaiser Franzl in den Olymp der Hoflieferanten erhoben: Kammerlieferant. Meint, dass er die Räume zu Hofe betreten durfte. Das imponierte dem damaligen Meistro des Schusterhandwerkes jedoch keineswegs. Auch der Kaiser musste in persona bei ihm zur Vermassung und Anprobe im Geschäft antreten. 

Im Innern herrscht edle Ruhe. Der junge Markus Scheer (Schuhmacher in 7. Generation)  huscht vorbei, greift sich ein Paar Schnürschuhe. Es steht in Kürze einer der drei Anprobetermine bevor. Die Assistentin mit Tranksame auf dem Tablett strahlt die nonverbale Botschaft aus: „Der Raum wird nun gebraucht.“ 

Für rund € 5000 wird der Kunde mit einem Primeur beglückt sein. Immerhin: Nachfolgemodelle werden günstiger.


Schnell noch ein Blick in die Werkstatt und auf des Kaisers Original-Fussleist in der Vitrine. Jööö... so schmale Füsschen hatte er. 

Nachdem ich mich bereits elegantissima auf dem Hochpreisniveau eingependelt habe, böte sich nun ein Sprung zu A.E.KÖCHERT an, Sisis Lieblingsjuwelier, der auch die berühmten Sterne entwarf. 

Heute sind diese nicht nur als Haarschmuck, sondern auch als Brosche oder für Ohr, Hals und  als Armspange erhältlich. Hochbeliebt bei Asiatinnen. Aber eben; der Besuch böte sich an, wenn mich nicht die „SCHWÄBISCHE JUNGFRAU“ gekapert hätte.

Im Türrahmen steht Hanna Vanicek. Sie hat das K&K Geschäft (300 Jahre alt) mit dem unschuldigen Namen vor 6 Dekaden übernommen. Mittlerweile hat sie die ganze globale Prominenz und alle Königshäuser mit schwerem Damast und Co komplett vom Chuchitüechli bis zur Bettstatt ausstaffiert. An meinen -immerhin mit Silberfäden durchwirkten - Sketchers-Tretern erkennt ihr geschulter Blick sofort, dass ich eher nicht in den erlauchten Kundenkreis gehöre. 

Aber immer noch ganz Selling-Lady möchte Sie mir ihr Jubiläumsbuch, das sie selber geschrieben hat, zum

Kauf empfehlen. Mitreissend erzählt sie von Ihren Treffen mit den Whos der Welt. Fotos von Königen, Prinzessinnen und Filmstars und mitten drinn: Hanna.

Da könnte ich noch lange zuhören, wenn sich nicht gerade jetzt mein süsser Zahn melden würde. 

Um die Ecke wartet niemand Geringerer als der Wiener Schokoladenkönig LESCHANZ. Selber nicht K&K, so ist er aber doch in ein Lokal eines solchen eingezogen. Erika Frimmel K&K Knopflieferantin (Knopfkönigin) bot in dem kleinen Lädelchen einstmals 100000 Knöpfe an. Mangels Nachfolger gab sie auf. Schokoladekönig LESCHANZ ehrt die Dame jedoch weiterhin, indem er die obersten Balken des Lokales mit Knöpfen dekorierte und auch solche in Schoggikleid verkauft. 

Meine Gluschthormone sind nun endgültig entfacht. Ich lechze nach..... der Sachertorte. „Aber welche?“ fragt Mariken. Da stehe ich nun ganz verblüfft. „Welche? DIE Sacher!“

Ja, so einfach ist es nicht, Mariken deutet zu DEMEL hinüber. 

Tatsächlich, da stehen Leute für Sachertorte an. Wie das?

Irrnis und Wirrnis führten dazu, dass Sachertorte sowohl im SACHER als auch im DEMEL hergestellt wurden. Während Sacher den Namen schützen liess, konnte DEMEL mit dem Besitz des Originalrezeptes punkten. Ein jahrzehntelanger Rechtsstreit wurde schliesslich vom Gericht salomonisch wienerisch geschlichtet. SACHER: Verkauft die „ORIGINAL Sachertorte“, DEMEL die „ECHTE  Sachertorte“. 

Für Insider: bei SACHER (Salon im Bild oben) befindet sich die Marmeladeschicht direkt unter dem Schokoüberzug, bei DEMEL in der Mitte des Bisquits. In meinem Fall ein reines Detail, denn ich werde mein Kalorienbudget klarerweise an einen Apfelstrudel mit warmer Vanillesauce verschwenden.

Nach so viel Genuss vergesse ich vis à vis das Fenster von

ROZET UND FISCHMEISTER zu fotografieren. Dabei sind gerade in den heutigen Tagen des KURZ-SCHLUSSES staatstragende Aktionen von Interesse. Der K&K Silberschmied hat nämlich 1955 nichts weniger als die Republik ermöglicht (ohne die es jetzt auch keine Kanzlerdemission gäbe). 

Alles war 1955 im Schloss Belvedere zur Unterzeichnung des Staatsvertrages bereit, der Österreich von der Nachkriegsbesatzung befreien und in eine Republik führen sollte. Abends zuvor wurde man jedoch gewahr, dass der Nasciturus „Republik Österreich“  über gar keinen eigenen Stempel  zwecks gültiger Besiegelung verfügte. In einer nächtlichen Hauruck-Übung stellte der K&K Betrieb einen Stempel her. Noch heute kann man diesen im Lokal besichtigen. 

Nachdem Austria doch noch geboren wurde, gehört das abschliessend gefeiert.

Tipp: K&K GERSTNER 3. Stock. Im imperialen Ambiente mit charmanter Bedienung säuselt die Perlage auf einem verspiegelten Tisch. 

Danke Mariken für diesen Rundgang.

Es war:


K&K&K


KAISERLICH 

KÖNIGLICH


KÖSTLICH

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Kommentare: 6
  • #1

    Richard (Sonntag, 10 Oktober 2021)

    Super Bericht, Wien ist immer eine Reise wert LG Richard

  • #2

    Georges (Sonntag, 10 Oktober 2021 12:31)

    P&P
    Danke Franziska

  • #3

    Albert Müller (Sonntag, 10 Oktober 2021 19:24)

    Wie immer herrliche, professionelle Aufnahmen - Was hast Du für einen Fotoapparat? - Und "Wien - Wien - nur du allein" - und "original" = "echt"...?

  • #4

    Cornelia (Sonntag, 10 Oktober 2021 19:29)

    Meine Liebe, wunderbar elegant die heutigen (politischen) Bezüge „eingeflochten“. Danke Dir

  • #5

    Rena de la casa (Montag, 11 Oktober 2021 16:18)

    Bist du nun auch K&K geadelt? Glitzer und Glimmer, Geschichte und Glamour gehören zu Wien. ‚Küss die Hand, gnädige Frau!‘

  • #6

    Sonja Wöss (Freitag, 15 Oktober 2021 21:31)

    Danke Franziska, für den Wiener flair � da muss ich aufpassen, dass ich nicht Heimweh bekomme…

    Aber Zug macht‘s wieder wett!