The pool

Crazzy oder vernünftig?

Ich schaue auf die Uhr. 19.00; meine Zeit ist rar; ich werde Singapur morgen um 14.00 Uhr wieder verlassen. Ich könnte natürlich ein Budget Hotel wählen und noch eine nächtliche Hopp-on Hopp-off-Tour unternehmen. Aber mit dieser Variante hätte ich ihn nicht kennengelernt. IHN...und zwar hautnah. 

ER, der wohl meist diskutierte, der meistfotografierte, 

Der POOL des neuen Wahrzeichens der Stadt, des Marina Sands Bay Hotels. 

Also klar : Crazzzzzy!

Trotz aller Kommentare: „Lohnt sich nicht.“ „Unpersönlich wie eine anonyme Stadt.“

„So kurz, da kannst Du ja gar nicht alles sehen.“ Ja genau trotzdem.


Denn ich habe eine klare Strategie. Zimmer beziehen, Koffer hinstellen. Ab zu Fuss zur Lichtershow in die Bay Gardens, zurück, 

Tankini raus, Bademantel und Schlarpen an. Auf das Rooftop 57 und hopp..... und später irgendwann zwischen Nacht und Tagtraum ein mitternächtlicher Snack. 


Das ViP Check-In bringt allerdings meinen ambitionierten Plan schon qua  zelebrierter  Langsamkeit in Rücklage. Der Assistant merkt mein Kribbeln, entschuldigt sich mit diversen Bücklingen für die Warterei und tippt schliesslich eine neue Zimmernummer ein und schmunzelt leise. „Have a nice stay!“

Der Lift katapuliert mich auf Etage 41.

Die Tür öffnet sich. Der Gepäckboy grinst sein breitestes Grinsen. „Madam how lucky you are!“. Ich trete ein. Wouwww, wouwww. Singapur by nigt zu Füssen.  Dann öffnet der Porter die Türe zum Badezimmer und .... Doppelwouw.... die ganze Aussicht auf die lila schimmernden Monsterbaumskulpturen in Bay Gardens. Es gibt nur wenige Zimmer mit Aussicht auf beide Seiten. 

„Dafür müssen Sie wissen, Madam, dass man Sie vom Hotelkorridor aus ins Badezimmer sehen kann. Also bitte Rollladen runter.“ Hmmmm... tja strange für diesen Preis und ganz generell.  (Hatte der Architekt ein Blackout?) Aber irgendwie für eine kurze Nacht machbar. Nix studier.

Aber nun presto presto.... spontan die Tiger-Ballerinas gegriffen (die falsche Wahl) und wieder in die Lobby. Sie erinnert mich un peu an Dalis brennende Giraffe. Kastig in die Höhe gezogen. Nach diversen Irrläufen über die aussenliegenden Hochwege, gelange ich die magischen Gärten. Ein Teich mit hunderten von sanft schwankenden Floating-Eiern bezirzt Heerscharen von Besuchern. Alle 15 Sekunden wechseln die Farben in der von pentatonischen Klängen umspülten Installation. 

Dahinter aufstrebend, stolz das Marina Sands Bay. Im wechselnder Coloration. 


Raumschiff 


Major Tom ist


startbereit: 


„Dann hebt er ab

von der Erde

Völlig losgelöst 

von der Erde

schwebt das Raumschiff

Völlig losgelöst“

(Songtext: Peter Schillig)

Ich verliere mich im dunklen Garten. Zwischen grünen Wipfeln leuchten die Giantenstahlbäume. 

Da will ich hin. Um Neun beginnt das Lichtspektakel. Noch leuchten die Bäume im tiefsten Indigo. Unter ihnen haben sich Menschen versammelt. Viele liegen auf dem Boden, den Blick gespannt gegen den Himmel. Die Körper zerfliessen im Blau.

Es beginnt. Abruppt stellt die Farbe ab. Gespannte Ruhe. Wie riesige Skelette ragen die Eisenschirme in den wolkigen Himmel. Musik erklingt. 

Dvorschak jagt seine singenden Geigen in die Kronen. Wie Glühwürmchen erstrahlen im Takt der Musik die zahllosen Lichter. 

Ich halte den Atem an, mein Herz klopft vor Freude und Jubel. An der schönen Donau verzaubert in Rot,


der Radezkymarsch in verspielter Vielfalt. 

Es blinkt und zuckt. 

Es regnet Farben.

Alles Vergessen um mich und in mir.

Nur diese Lämpchen,  die ein Spiel der Verzückung darbieten.

Die Musik verklingt. Applaus brandet auf, welche die metallenen Darsteller mit würdiger Stille entgegennehmen.


Wie riesige Skelette ragen die Eisenschirme in den wolkigen Himmel. 

Die Ballerinas haben den 8000 Schritte -Parcour nicht estimiert und sich mit brennenden Sohlen revanchiert. Höchste Zeit abzukühlen. Der grosse Moment naht:

Mit meiner Zimmerkarte überwinde ich problemlos alle Kontrollen bis zum Objekt der Begierde. Die Schiebetür rauscht zu Seite: Diese Vista und da schimmert ER: Türkis.

Das Wasser des Pools scheint endlos im der glitzernden Häuserkulisse zu verschwinden. Fantastico! Gleichzeitig nehme ich auch eine gewisse Skurilität wahr. Ein Filmsetting? Die Reduktion der Farben, das Tun der Menschen.

Das Schwarz des Himmels, 


das Smaragd des Wassers,


und Weiss, Weiss


Hunderte von weissen Bademänteln und Tüchern


An Körpern,


hingeworfen auf unzählige Liegestühle.


Und jeder begibt sich in das lockende ( aber recht frische ) Wasser... und alle machen genau das selbe:

Sie fotografieren:

Alles und vor allem sich. 

Selfie vor Skyline

Freunde im Pool

Foto von andern

Niemand schwimmt, denn jeder hat Elektronik in der Hand.

Unwirklich die Menschen

Unwirklich die Anlage


ER, der Pool hätte etwas Mystisches, wenn sein Schimmern in Stille das Blinken der Skyskrapers berühren dürfte. Aber er wurde tausendfach verkauft.


Trotzdem, der Anblick war einmalig, war für mich das Investment wert.

Ich kehre zurück in mein Zimmer. 

Die porzellanweisse Badewanne schmiegt sich an das Panoramafenster. 


„Komm , komm“, scheint sie zu wispern

Salz rieselt in die Wanne. 

Das Wasser empfängt mich. Samtig warm. Es ist zwei Uhr Nachts, ich sehe zu, wie die Lichter der Wolkenkratzer langsam eines nach dem andern erlöschen. 


Ruhe.

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Kommentare: 10
  • #1

    Dorte (Mittwoch, 08 Januar 2020 10:20)

    Weiterhin schöne Reise!

  • #2

    Albert Müller (Mittwoch, 08 Januar 2020 11:25)

    Für einen Gersauer "unwahrscheinlich", aber cool...
    erst recht nach Singapur in den Pool... ( Wer hat diese einmaligen Fotos geknipst?)

  • #3

    Cornelia (Mittwoch, 08 Januar 2020 13:58)

    Die beleuchteten Eisenbäume und das Drumherum sind bestimmt spektakulärer als der Christmas Garden, oder? Dir ein wunderschöne Zeit

  • #4

    Michel (Mittwoch, 08 Januar 2020 18:44)

    Tes images et ton texte sont vraiment supers !!
    Bravo

  • #5

    Charly Keiser (Mittwoch, 08 Januar 2020 21:58)

    Cool dieser Pool :-)

  • #6

    Werner Weber (Donnerstag, 09 Januar 2020 06:59)

    Wahnsinn, muss man wohl erlebt haben. Mindestens dann, wenn ich deine Beschreibung und deine Fotos versuche zu verinnerlichen.
    Einfach zum abheben!!!

  • #7

    Daniel (Freitag, 10 Januar 2020 15:09)

    Liebe Franziska ... süffisant zu lesen ... musste immer wieder laut loslachen .... Ich hatte die Lichtershow in Bay Gardens kürzlich erlebt ... aber jetzt auch habe ich sogar Einblick erhalten in die Welt ganz oben im Marina Sands Bay Hotels ... was sich da so alles tummelt:-)

  • #8

    Maria (Freitag, 10 Januar 2020 22:03)

    Superschöne Bilder und Eindrücke die du beschrieben hast. Merci!

  • #9

    Georges (Montag, 13 Januar 2020 19:36)

    Farbig, farbig

  • #10

    Rena de la casa (Samstag, 18 Januar 2020 07:43)

    Nach den intensiven, tiefsinnigen und farbenprächtigen Bildern von Dresden servierst du uns Impressionen dieser verrückten Stadt - auch in Farben, doch als Zeichen der 'konsumfreudigen Superlativen'?