Aus andern Welten

8.00 Uhr Besammlung. Ich habe mich verhört. Das kann nicht sein. Auf meiner letzten Weltreise mit High Level Travel musste ich nie vor neun Uhr antreten. Nun, es wird einen Grund haben und retrospektiv gesehen: Ich konnte heute im Land der Ritter- und Tempelkultur mühleos mehrmals die Schallmauer meines Allgemeinwissens durchbrechen. Hypogeum??, S.M.O.M??


Es wird gleich auf hohem Niveau eingestiegen und tief geklettert.

Nichts weniger als ein unterirdisches UNESCO Weltkulturerbe erwartet uns, und Familie Frühwirt hat tatsächlich 10 der begehrten Tickets ergattern können, denn mehr als dieci persona werden auf den täglich nur 8 Führungen nicht eingelassen.

Mit grosser Spannung machen wir uns auf. Schon im Eingangsbereich wird unsere Neugier mit einer cinéastisch hochstehenden Filmanimation um 7000 Jahre zurückgespult.  

Die Glastüre öffnet sich. Finsterness... einige Lichtpunkte... Gemäuer. Ich finde mich in einer neolithischen Grabstätte wieder. 

Archchaische Musik oder eher Hornstösse? Schlagen von Steinmeisseln.. Echo. Wie unglaublich... zusammen mit einer Führerin, die begleitend zur Audiotour immer die relevanten Punkte anleuchtet, steigen wir auf gut ausgebauten Treppen immer tiefer, 3 Stockwerke. 


Fotografieren streng verboten. Ausatmen eigentlich auch. Damit die verborgene Welt noch lange weiter erhalten bleiben kann, darf nie zu viel Kohlendioxied in den Gemächern zirkulieren; auch die von Besuchern produzierte Feuchtigkeit wäre abträglich. 


Ehrfurcht vor diesen Menschen. Ihrer Passion, ihrer Opferbereitschaft, ihrer Fürsorge für das Zwischenweltliche. 



Vieles wird nie aufgeklärt werden. Ein Totenkult, dem  hypogäum (griechisch unter der Welt, unterirdisch) gehuldigt wurde. Unfassbar: Die Gewölbe wurden während tausenden von Jahren immer wieder erweitert, nur mit Steinwerkzeug. Schlag um Schlag aus dem Kalk gebrochen. Da und dort sind noch Malereien erhalten geblieben, roter Farbstoff der aus Sizilien stammen könnte.  Imagine: Wenn hier nur Schein der Fackeln der an den Wänden tanzen würde. Wie damals. Das Licht sich in den zinnoberroten Ornamenten verfinge. 

In Erwartung 

des Orakelspruchs.



Ich tauche auf in das Licht der Stadt. Belendend-pulsierend. Der Hafen will entdeckt werden. Er, der gleich den 5 Fingern einer Hand, der grösste befestigte Hafen des Mittelmeeres ist. 30% aller in Europa immatrikulierten Schiffe fahren unter maltesischer Flagge. 

Die kleinen bunten Barken sind die Wassertaxis "Dhajsas". Für ca. 3 Euro kann man sich im Hafen herumschippern lassen, immer unter Obhut von den am Bug positionierten Augen des Gottes "Osiris".

Unter den malerischen Arkaden des Baccara Gartens geniesse ich den Rundblick in die Seitenarme der "Marsa"(Hafen).

Die hohen Gerüsttürme sind übrigens mobile Ölplattformen, die zur Zeit gerade auf Revision hier sind. 

Unter mir liegt ein lang gehegter Traum von mir. Der Segler "Silvercloud". Ach, setzte sie doch die Segel.... jetzt!


Aber Valetta in meinem Rücken möchte noch seine Geschichte loswerden. Tempel hatten wir schon.... nun stehe ich vor einem typischen Kalksteinhaus, Schmiedeisentreppe. Ein Schild

S.M.O.M.!!

Souveräner militärischer Spitalorden des Hl. Johannes zu Jerusalem, Rhodos und Malta." 


Besser bekannt als Malteser- oder Johanniterorden. 

Wie konnte er meinem universitären Völkerkundeunterricht entronnen sein? Ein staatenrechtliches Unikum. Zum Glück hatte der Professor an der Prüfung nicht danach gefragt!

Der christliche Orden, gegründet 1099, besteht aus rund 13'000 Rittern (Damen zugelassen), die sich der helfenden Mitmenschlichkeit verpflichtet haben. Mit Untergruppen in 22 Ländern und humanitären Einrichtungen in weltweit allen Krisengebieten und unabhängig von religiöser Ausrichtung unterstützend, so auch im Moment in Syrien. Der Hauptsitz an der Via Condotti in Rom unter der Vorsteherschaft eines Grossmeisters. 


Dieser führt die Exekutive mit diversen Ministern. Der Malteserorden ist Staat ohne Staatsgebiet. Immerhin sind aber die ihm gehörenden Immobilien, gleich einer diplomatischen Botschaft, der Hoheit des Gaststaates entzogen. Der Orden unterhält diplomatische Beziehungen zu ca. 100 Staaten, verfügt über den UNO Beobachterstatus. Seine Angehörigen besitzen einen eigenen Pass. Es werden eigene Briefmaken und Währung ausgegeben und sogar ein eigenes Autokennzeichen. Der Orden repräsentiert sich mit 2 Flaggen. Die bekanntere : Das maltesische Kreuz auf roten Grund. Die 4 Strahlen des Kreuzes stellen die 4 Kardinalstugenden dar: Gerechtigkeit, Mässigkeit, Tapferkeit und Weisheit. Platon hat's erfunden.




Ich empfehle das Studium weiterführender Lektüre zu diesem spannenden Thema das auch von Freimauererei durchwirkt ist.

Ich muss noch etwas die gewaltige Informationsflut verdauen und dann an der nächsten Ecke die aktuelle traurige Realität. 

Gedenken an die Jounalistin Daphne Caruana Galizia. Feige niedergemacht, um ihr Wort, ihre Stimme zu stoppen. Mein Blog schweigt an dieser Stelle für 10 Zeilen:


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Wechselbad

Hinter den Mauern wartet eines der prächtigsten Gotteshäuser, das ich je sah. St. Johns Cathedral. Die Ritter haben sich hier in Gedenken an an Johannes den Täufer verwirklicht. Alles echt. Man könnte Stunden hier verbringen. Die Zeichensprachen in jedem Winkel lesen; denn alles hier drinn ist Symbolik.

Die floralen Ziselierungen gewinnen mein Auge, verführen es, auf dass ich nach weiteren Mustern und Präziosen Ausschau halte. Goldtrinken!

Der Turm stimmt sein Glockenlied an. 12.00 Uhr und Zeit zur Meridiana aufzubrechen. Irdische Nahrung in Sicht. Seit 2007 wird auf Malta dank Hilfe des Hauses Antinori professionell Wein angebaut und gekeltert. 


Wir lechzen nach dem Buffet, das auf der gemütlichen Terrasse mit Rundblick lokale Köstlichkeiten feilhält. Selbstredlich auch die maltesische Variante des Bruscetta, das "Hobz biz-zejt". 

Süsslich das Aroma der sonnengereiten Tomaten auf mit Olivenöl durchtäufelten Sauerteigbrot. 

"l'ikla-t-tajba", en Guete! Und übrigens: Die Malteser lassen ihre Kochkünste auch gerne mal ins Guinessbuch eintragen. So findet jährlich das Raviolifest statt und das weltgrösste "Ravjul" wurde hier liebevoll eingetäschelt. 

Die Weine mit mythologischer Benamsung, wie der weisse ISIS, runden die lockere Verköstigung ab. Wir balancieren die Teller auf den Knien und schwenken die Gläser. Prosit!

Diese Verschnaufpause auf dem Weingut, das übrigens auf dem Gelände des früheren Flughafen steht, hat gut getan, und unsere Sinne sind geschärft für einen weiteren Höhepunkt: "Mdina". 

Das pittoreske Städtchen auf den Hügeln mit 200 Häuser und 100 Einwohnern ist Romantik pur. Das haben auch die Filmschaffenden entdeckt. Das Freudenhaus von "rings of thrones". Direkt vor mir. 

Ich lasse die Bilder sprechen; 


Bitte selber entdecken. 

Am schönsten sicher, wenn die Sonne hinter den Collinas in den Horizont sinkt, ihre letzten Strahlen in die verwinkelten Ecken gleiten lässt und sich die aufkommende Dämmerung in die Gassen schmiegt.

In diesem Szenario beginnen sich meine Eindrücke langsam zu setzen. Ein Tag, der mit den Reizen des Unerklärbaren, Verborgenen spielte. 


Dem Zwischenweltlichen.


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