The BOX

Wie seltsam dieser Szenenwechsel...

Kaum noch stand ich an den Klippen der stolzmelancholischen Hallunderinsel... und jetzt mitten im hochmodernen Containerhafen von HH. Und hier deht sich alles nur um eines: The Box!! Lektion eins:

Ein Standardcontainer ist 20 Fuss lang! Um diese Zahl dreht sich alles : Stückzahlen, Tonnagen, Preise und Zeit. 

Eine normale Hafenrundfahrt war nicht mein Fokus.... nein ich wollte einmal ins Herz der Technik. Tatsächlich... meine Recheche ergab, dass "Jasper"

auf ihren sehr limitiert durchgeführten Touren, diesen seltenen Einblick bieten können. Gesehen, gebucht! Pass oder ID muss beim Einstieg in den Bus vorgezeigt werden. Sensitives Gelände!!!

Der Beginn frönt der Nostalgie. Alte Kräne, Rost, Museum, Denkmalschutz und der höchste Kran im Kontrapunkt dazu als Absprungsplattform für Bungeejumping dienend. Hier ist noch Zutritt für jedermann. Unser Bus passiert aber nun die Barrieren und Videoanlagen: Hafenwelt. 

Alexandra... unsere Expertin weiss mit technischem Wissen und trockenem Schalk zu glänzen. Schauen Sie:

"Lego für Erwachsene!

Genau... so sah es doch auf meiner Bauklötzchenplatte aus. Bunte rechteckige Kuben,  gestapelt. Ach ja .... falls Sie auch eine Box kaufen möchten: Ecke rechts oben. Vertikal. Jede hat einen eigenen individuellen Code aus Buchstaben und Ziffern, eine Kombination, die es natürlich nicht ein 2. Mal geben darf. Seien Sie kreativ... es ist schon vieles vergeben."

"Nun nur noch kurz im weltweit einzigen Registrierungsbüro in Portugal anmelden... und schon schippert Ihr Container um die Welt."


Die Busfahrerin Petra millimetert unseren Car durch das delikate Areal. Wir wollen zu den Vancarriern. 

Hier schlägt das Herz Europas. Löschen und Beladen im Minutentakt. Der Berufstraum jeden Hafenarbeiters: "Vancarrierfahrer": Eine Art 10 Meter hoher Schwimmbadsprungturm auf Traktorrädern. Mit 30 km kurven die Ungetüme an. Hoch oben in der Kabine der Führer. Exakt reiht er sein Gefährt neben ca. 10 andern seinesgleichen paralell zur eben eingelaufenen "Merete Mersk" auf. 


Eine Superlady der Ozeane. 19'000 Container ihre Kapazität. Und jetzt soll es schnell gehen. Hamburg gibt als Vorgabe ganze 2 Minuten, um die Schachtel zu greifen, bewegen und punktgenau zu platzieren. An den Ketten des Vancarriers und des oberen Brückenkrans  hängt der sogenannte Spredder. 

Er versucht sich in die Löcher des Containers einzudocken. Und im nächsten Moment schwebt die Kiste. Die Software weiss wohin. Ein verantwortungsvoller Job, der netto gern mal 5'000 Euro nach Abzug und Steuer bringt, Schichtarbeit und Wetter inbegriffen. Regelmässig müssen neue geeignete Kräfte für die Kräne und Carriers gesucht werden, denn die Arbeit geht ins Kreuz und nagt an der Konzentration. 

Vor 2 Jahren hat sich übrigens die Putzfrau des Clubhauses beworben. Sie schlug alle Mitbewerber, sitzt jetzt in luftiger Höhe und verdient das 5-fache.

A propos Geld: 

24 Stunden liegen kostet für ein durchschnittliches Schiff schlappe € 96'000  zuzüglich pro bewegten Container  €300. Ein Container von Shanghai per Schiff nach Hamburg zu spedieren kostet €68... danach mit der Bahn nach München €700!


Apropos Zeit:

Ein Schiff löscht nie die ganze Ladung.

Es gibt Input und Output. Ein Meisterstück der Logistik. Von wegen die Welt sehen. Im Schnitt legt ein Schiff nach 6 - 8 Std. wieder ab. Nur die Big Babies bleiben bis zu 2 Tage.  Nix mit Martrosenromantik ... die Konkurrenz in Rotterdam und Antwerben schläft nicht. 

Deshalb reicht es für die Besatzung meist nur kurz in den Duckdalbenclub. 

Dort finden die Seefahrer etwas Heimat. Seelsorger, Berater, Andachtsecken für alle Religionen, Gameroom, Kneippe und einfach Stube mit Nachrichten, Fotos von der Seewelt. 70% sind Philipinos... 20% Chinesen. Wir düfen hier auch kurz einkehren. Eindrücklich!

Alexandra lockt uns zum Bus mit der Ansage des Höhepunktes: Der Autoterminal. Fotos streng verboten:

Die Autofirmen wollen nicht, dass jemand die "Erlkönige" ablichtet: Die kommenden Modelle, die in Tarnfarben lackiert sind. Hier wird alles abgefertigt, das 4 Räder hat. Hier in Folie gehüllt die Premiumcars, dort Occasionen für Osteuropa und da hinten die maroden Dreckschleudern für Afrika. Bezahlt wird übrigens pro Auto, das über Kant geht. Deshalb werden die Rosthaufen nicht selten noch mit Ware aller Art vollgestopft. Teppiche, Bettzeug, Küchenmaschinen usw. Das Auto als Containerrersatz. Einparken heisst es dann und zwar prazies 30 cm Abstand vorne und seitlich. Die sogenannten "Stauer" erledigen diesen Job. 8000 Autos schluckt ein Riese. 


Wir verlassen das Gelände... Technik und Stahl allenthalben und plötzlich ... die "BALMORAL" a very British Cruiseliner. Mitten hier im Containerhafen? "Tja... meint Alexandra... das ist eben das etwas Herbe am Hamburger." Reicht doch hier! oder doch nicht? 800'000 Kreuzfahrer landen inzwischen jährlich in Altona. Ein neuer Terminal ist jedenfalls in Arbeit.

Just zum Ende der interessanten Rundfahrt öffnet der hansestische Petrus wieder einmal seine  nass- peitschenden Sturmschleusen.


Ein Glück, das Hotel ist gerade ein paar Ecken weiter. Dass ich es überhaupt entdeckt habe.... ha nicht mal meine Hamburger Freunde kennen es... "Altes Hafenamt" Brandneu... Mai 2017... erzählt mir Theresa, welche in fröhlichem Ton die Rezeption in Schwung hält. 

Das Konzept ist jung frisch.... unkompliziert. Jedes der "25 hours" Hotels ein Themenhotel. 


Und hier in der Hafencity sei Klinker und Vintage angesagt. "Übrigens... das Fahrrad, das in Ihrem Zimmer steht, ist natürlich zum Benützen da.!" Viel Spass!! 

Mein kleiner Shoppingabstecher in die Innenstadt geht per pedes. Ist ja nicht weit. Die Jagd nach Schuhen meines Gustos endet allerdings erfolglos. Aber mein Geschmack wird geradezu von einem andern sehr speziellen Geschäft angelockt. 


"Schubecks Gewürze"


Das muss der Himmel jedes Kochkünstlers sein. Frauen und Männer jeden Alters schwelgen hier im Aroma-Kosmos. Vergiss Oregano und Co. 


Lass Dich fallen im aphrodisierendem "Erotischem Curry" und dem "Sexgewürz" beide aus Indien...fülle dein Säcklein mit

"Piri Piri Chili" ... verschlecke Dich am "Rosenzuckertütchen".... oder bekenne Farbe mit dem "FC Bayern Steak & Grill Würzer"...und das in der HSV Stadt..... und wem diese Provokation Bauweh bereiten würde, die Auswahl an Tees ist beTEErend.. Ein Grüntee mit "Flieder-Spritz"?... 

Nein.... Sünde,

wenn Oportunitas zur Sünde: 

"Schoko-Bananen-Zucker-Döschen! Sei mein und lass Dich zuhause auf einer Crêpe oder etwas Schlagrahm verstreuseln."


Ein Tag mit vielen Kontrasten. 

Von Kran und Stahl zu Gaumenduft.


Geht alles prima zusammen. Ich drehe den Verschluss der Dose, meiner

"Banana-Schoggi-Zucker-Box", 

mein Finger taucht ein.... 


Süsser Moment!

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Kommentare: 8
  • #1

    Dorte (Montag, 04 September 2017 12:52)

    Liebe Franziska. Wieder mal ein herrlicher Bericht, wo man das Gefühl hat dabei gewesen zu sein �

  • #2

    Renate (Montag, 04 September 2017 19:04)

    Die Hansestadt Hamburg ist und bleibt ein spannender, lebendiger Kosmos, der Hafen eine Welt für sich. Da hab ich dank dir, francesca, viel Neues erfahren. Ach ja, wusstest du, dass nach Rotterdam und Antwerpen der drittgrößte Hafen Europas Hamburg ist?
    Hey, wo bleibt nur die Stimme deines Felix'? Es war ja - von dir für ihn - sein 'Überraschungspaket'?
    Ich freu mi auf neue amüsante Abenteuer von dir!

  • #3

    Maria (Montag, 04 September 2017)

    Super, spannend geschrieben. Toll was ihr alles erlebt und gesehen habt. Auch die Süssen Köstlichkeiten, Gewürze machen einen guten Eindruck. Schon damit gekocht zuhause?

  • #4

    Bruno aus alt fry Baar (Dienstag, 05 September 2017 04:01)

    Danke, liebe Franziska für diesen er erneut tollen Bericht. Mn muss aufpassen, dass man sich nicht verliebt in die wunderbare Schreiberin! Wirklich herrlich und so nahbar! Aber weisst Du, v m Ganzen hat mich natürlich die Gewürzgeschichte angemacht; da laufen einem sämtliche Gluscht-Wässerchen im Mäulchen zusammen....! Bis bald und herzlichen Gruss! Bruno

  • #5

    Cornelia (Dienstag, 05 September 2017 07:50)

    Danke, für die Einblicke. Unvorstellbar, diese logistische Leistung.

  • #6

    Marlies (Dienstag, 05 September 2017 10:20)

    Das ist ja ein Wahnsinniges Abenteuer...heb Dir Sorg und bliiiib G'sund. ....Liebi Grüessli us dä Schwiiiz...Mit e re liebä Umarmig ...Dini Marlies❤️

  • #7

    Cornelia/HH (Dienstag, 05 September 2017 18:56)

    ... natürlich kenn ich das Hotel - von außen - was sollte ich drinnen?
    Spannend Deine "Jasper"- Geschichte. Das kannte ich als "Quidjw" nicht. Herzliche Grüße �

  • #8

    Vor Bethge (Dienstag, 05 September 2017 18:59)

    *Quidje